Wien und Stuttgart: riesige Projekte für mickrige Hauptbahnhöfe

Ein prächtiges Bahnorama

Gerade war ich in einer Ausstellung mit dem grandiosen Namen „bahnorama“ auf der Baustelle des künftigen Wiener Hauptbahnhofs. Es wurde kein mediales Mätzchen ausgelassen, um die Bedeutung dieses Jahrhundertprojekts herauszustellen und die großen Möglichkeiten für die Stadtentwicklung zu preisen. Auf Leuchttafeln wurden Postkartenansichten von Städten gezeigt, die man künftig von Wien aus mit dem Zug erreichen kann (wie bisher auch schon, nun jedoch 10 Minuten schneller) und in einer 3D-Animation wurde der gesamte Bahnhof in magenunfreundlicher Geschwindigkeit durchflogen, einschließlich einer Rolltreppenfahrt entgegen der Betriebsrichtung. Neben der Ausstellung steht ein 67 Meter hoher Holzturm, auf den man sich mit einem Glasaufzug fahren lassen kann, um von oben das Pano-, Verzeihung, Bahnorama des Baustellengeländes bewundern zu können.

„Nun gut“, denkt man sich als Planer, das ist wohl alles richtig so, schließlich muß der Hauptfinanzier (d.i. der Steuerzahler) ja auch erfahren, was er da überhaupt alles bezahlt.

Das Projekt

Aber was genau ist das? Also: auf dem Gelände zweier Kopfbahnhöfe, die bisher rechtwinklig so aufeinandertrafen, daß sie sich ein gemeinsames Empfangsgebäude teilen konnten (Süd- und Ostbahnhof) sowie größerer Abstellanlagen und eines Güterbahnhofs entsteht ein neuer Durchgangsbahnhof mit zehn Bahnsteiggleisen, auf dessen Nordseite (also stadteinwärts) ein hochverdichtetes Büroviertel, auf der Südseite (stadtauswärts) ein neues Wohngebiet.

Baustelle des neuen Hauptbahnhofs. Auf der Freifläche hinten standen bis 2009 die beiden Kopfbahnhöfe, hinten rechts der provisorische Ostbahnhof.

Baustelle des neuen Hauptbahnhofs. Auf der Freifläche hinten standen bis 2009 die beiden Kopfbahnhöfe, hinten rechts der provisorische Ostbahnhof. Foto: mk

Aber irgendwas fehlt doch. Hm.

Was nicht entsteht, ist ein richtiges Empfangsgebäude oder auch nur irgendetwas, das den neuen Hauptbahnhof einer europäischen Metropole mit (inkl. Vororten) zweieinhalb Millionen Einwohnern als solchen im Stadtbild erkennbar macht.

Zwischen den Gleisen und der hier vorbeiführenden innerstädtischen Hauptverkehrsstraße Wiedner Gürtel entsteht nämlich kein Bahnhofsgebäude, das aussieht wie ein Bahnhofsgebäude, sondern eine sogenannte BahnhofCity, deren Name durch Denglisch und BinnenGroßSchreibung schon erwarten läßt, was die Reisenden künftig als Allererstes von Wien sehen werden: ein Büro- und Einkaufszentrum aus Stahl und Glas, das exakt genauso aussieht wie alle Büro- und Einkaufszentren aus Stahl und Glas, die in den letzten 40 Jahren zwischen Santiago und Shenzen so errichtet wurden.

In einem Zwickel zwischen dem auf dreieckigem Grundriß errichteten „BahnhofCity“-Hochhaus und den Gleisen befindet sich eine eingeschossige Glaswand, die den Zugang zum eigentlichen Bahnhof bildet. Im Modell stand darauf in großen Leuchtbuchstaben WIEN HAUPTBAHNHOF, und ich hoffe, daß es das auch in der Realität tun wird, weil dies die einzige Chance sein wird, beim Entlangfahren auf dem Wiedner Gürtel den Bahnhof zu finden.

Der neue Wiener Hauptbahnhof. Visualisierung am Bauschild.

Der neue Wiener Hauptbahnhof. Visualisierung am Bauschild. Von links nach rechts: Wiedner Gürtel, Bürohäuser, „BahnhofCity“, Haupteingang, Bahnsteige, ÖBB-Zentrale, Favoritenstraße.

Abgesehen von diesem „Haupteingang“, der etwa doppelt so groß wie ein handelsüblicher S-Bahn-Stationszugang wirkt, versteckt sich der neue Hauptbahnhof weitgehend hinter einer Kette aus Bürogebäuden, die sich bis zum Standort des abgerissenen Süd-/Ostbahnhofs an der Kreuzung Gürtel/Prinz-Eugen-Straße, am Schloß Belvedere hinziehen. Von dort gibt es nicht einmal eine neue Straße zum neuen Bahnhof, geschweige denn eine Sichtbeziehung, sondern das neue Quartier wird ein Straßennetz erhalten, das mit dem dahinter versteckten Bahnhof nichts zu tun haben wird.

Riesenprojekt und Minibahnhof

Insgesamt ist das Projekt „Wien Hauptbahnhof“ durchaus beeindruckend. Es dürfte zu den größten aktuellen Stadtentwicklungsprojekten Europas gehören. Nur eins ist daran weder groß noch beeindruckend: der eigentliche Hauptbahnhof selbst.

Das ist umso überraschender, als die gesamte Werbung, ob gedruckt, im Internet oder in der Ausstellung, immer wieder mit der großen Rolle Wiens als zentralem Bahnknotenpunkt Mitteleuropas einsteigt. Dazu paßt der recht kühne PR-Name „Wien Hauptbahnhof – Europa Mitte“.

In der Tat reden wir hier ja über den Neubau des wichtigsten Landverkehrsknotenpunkts einer wirtschaftsstarken, tourismusintensiven und zentral im ökonomisch relevanten Teil des Kontinents gelegenen Stadtregion mit 2,5 Millionen Einwohnern, die, ganz nebenbei, auch über eine große Eisenbahntradition verfügt, und bezüglich der Entwicklung des Schienenverkehrs zu den zehn wichtigsten Städten der Welt gehören dürfte. Wenn eine solche Metropole nach über 100 Jahren Diskussion nun ihre fünf traditionsreichen Kopfbahnhöfe durch einen durchgehenden Zentralbahnhof ersetzt, sollte dabei ein Bauwerk entstehen, dem man diese Bedeutung auch ansieht.

Anders als in Asien oder Lateinamerika gehören die jeweiligen Hauptbahnhöfe in Europa zu den wichtigsten Bauwerken einer Großstadt. Sie waren bis in die 1960er Jahre hinein der „Haupteingang“ der jeweiligen Stadt, und seit der Reaktivierung unseres Bahnnetzes im Zuge des Baus europäischer Hochgeschwindigkeitsnetze gewinnen die Hauptbahnhöfe im neuen Jahrhundert diese Rolle langsam wieder zurück. Wo vor 30 Jahren heruntergekommene, abrißbedrohte, stinkende und von zwielichtigen Zeitgenossen bevölkerte gründerzeitliche Großbauten die Innenstadt verunstalteten, stehen heute dieselben Empfangsgebäude, in ihrem alten Glanz liebevoll wiederhergestellt, aber funktional voll ans 21. Jahrhundert angepaßt, wieder wie vor 1900 als Eisenbahnkathedrale und grandiose Empfangshalle ihrer Stadt. Wer in Frankfurt, Zürich oder Hamburg aus dem Zug steigt, sieht nicht nur drei der größten Personenbahnhöfe der Welt, sondern auch drei äußerst positive Beispiele für die funktionsgerechte Adaption zentraler Schlüsselbauwerke für die Bedürfnisse des neuen Jahrhunderts. Ähnliches gilt für die seit Beginn der Bahnrenaissance neu errichteten Großbahnhöfe, also Wiens ganz direkte Vorbilder, etwa Lille, Lissabon oder Berlin. Es sind Großbauten mit extrem hohem Nutzwert mit einer zentralen Rolle für das „Funktionieren“ einer modernen Metropole, aber es sind auch Wahrzeichen und (zumindest für die jeweilige Stadt) Architekturikonen mit hohem Identifikationswert für Bürger, Besucher und die überregionale Öffentlichkeit.

Nichts von alledem wird in Wien entstehen. Zur Ehrenrettung (nicht der Wiener Architektur als ganzer, sondern der heutigen Generation) sei eingeräumt, daß sich Wien, eine der großen Eisenbahnmetropolen des Planeten, bereits mit den Bahnhofsneubauten nach dem Zweiten Weltkrieg vom Thema „Repräsentative Eisenbahnarchitektur“ verabschiedet hatte. Anstelle des Nordbahnhofs, früher einer der größten und prächtigsten Bahnhöfe Europas, steht heute der gesichtslose Glaskasten „Praterstern“. Die Selbstverzwergung der 1950er-Architektur am West- und Südbahnhof sowie Wien-Mitte wird niemand vermissen. Und über das 70er-Jahre-Ungetüm am Franz-Josefs-Bahnhof, das in vielem an ein geplatztes Sparkassengebäude, aber in nichts an einen Bahnhof erinnert, brauchen wir erst gar nicht reden. Trotzdem ist der nun umgesetzte Hauptbahnhof-Entwurf aufs Neue enttäuschend.

Wien bekommt fünf Bahnsteige mit zehn Gleisen, die teilweise von einer amorphen (vom Bauherrn vermutlich für repräsentativ gehaltenen) Rautenstruktur überdacht werden. Die östliche Hälfte der Bahnsteige bekommt Wetterschutz nur in Form einer mehr oder weniger von jedem Kleinstadtbahnhof bekannten Einzelüberdachung. Wien bekommt keine große hohe Gleishalle, wie sie im Dampfzeitalter aus praktischen Gründen zu jedem großen Bahnhof gehörte, dann für verzichtbar gehalten wurde, aber seit den 90er Jahren wieder selbstverständlich zu jedem großen Neubau gehört. Und Wien bekommt auch kein seiner Bedeutung entsprechendes Empfangsgebäude, das als neues Wahrzeichen dieser großen Architekturmetropole für das neue Jahrhundert taugen würde. Wien bekommt eine überdimensionierte S-Bahn-Station, versteckt hinter Bürohäusern und Einkaufszentren, im Stadtbild praktisch unsichtbar. Aber warum?

Woran erinnert das uns bloß?

Auch wenn ich aus Wien bisher nicht von Großdemonstrationen gegen den Bahnhofsnebau gehört habe, erinnern Anlaß, Dimension und das Projekt an sich in vielem an „Stuttgart 21“, das in der Wiener Ausstellung (neben Berlin, Lüttich, Antwerpen und Zürich) übrigens auch als Positivbeispiel aktueller Hauptbahnhofsumbauten angeführt wird.

In beiden Städten wird die Positionierung der eigenen Stadt im europäischen Metropolenwettbewerb als Ausgangspunkt genommen, die Erreichbarkeit der Stadt im kontinentalen Hochgeschwindigkeitsnetz sicherzustellen, mit einem aufgewerteten und deutlich beschleunigten Regionalverkehr das Arbeitskräftepotential des 100-km-Radius zu erschließen und die Integration des Hauptbahnhofs ins städtische/stadtregionale Schnellbahnnetz zu verbessern. Es wird in beiden Städten argumentiert, daß hierfür sehr große Infrastrukturmaßnahmen nötig sind, um die teilweise über 150 Jahre alten Anlagen für eine moderne Metropole weiterzunutzen. Es wird in beiden Städten darauf hingewiesen, daß es sich um ein Jahrhundertprojekt handelt, eine Bauaufgabe, die sich im laufenden Jahrhundert nicht noch einmal stellen wird.

Diese etwas größere, schamhaft in der Erde versteckte, U-Bahnstation soll einmal den heutigen Stuttgarter Hauptbahnhof (17 Gleise, 240.000 Reisende) ersetzen.

Diese etwas größere und schamhaft in der Erde versteckte U-Bahnstation soll einmal den heutigen Stuttgarter Hauptbahnhof (17 Gleise, 240.000 Reisende) ersetzen.

(Quelle: Wikimedia Commons, Autor: Stoeffler, Lizenz: CC-BY)

Das alles ist völlig richtig. Es ist ebenfalls richtig, daß dafür sehr viel Geld ausgegeben werden muß. Es ist sogar richtig, sogenannte „Prestigebauten“ zu errichten, denn jede Generation hat das Recht (oder sogar die Pflicht?), hochqualitative Spuren im Stadtbild zu hinterlassen, über die sich unsere Enkel einmal ärgern und unsere Urenkel wiederum erfreuen können.

Was jedoch unklar bleibt, ist: warum entstehen bei derartigen Riesenprojekten derart mickrige Hauptbahnhöfe?

Stuttgart gibt viele Milliarden Euro aus, um einen neuen Bahnhof zu bekommen, der halb so viele Gleise hat wie der heutige und der aufgrund von unterdimensionierten Zulaufstrecken weniger Züge und Passagiere bedienen kann als der Status Quo. Wien gibt Milliarden Euro aus, um erstmals in seiner Geschichte einen Zentralbahnhof zu erhalten, der dann aber genauso aussieht wie der einer 200.000-Einwohner-Stadt, und der obendrein im Stadtbild praktisch unauffindbar sein wird.

Warum bloß?

In beiden Städten werden durch die Stillegung und Verlagerung von Bahnbetriebseinrichtungen große innerstädtische Flächen zur Neubebauung frei. Für die örtliche Immobilienwirtschaft und die beteiligten (staatlichen!) Bahnunternehmen gibt es dabei eine Menge Geld zu verdienen. Und die städtebaulichen Nachnutzungsprojekte sind, im Gegensatz zu den beiden geplanten Bahnhöfen, tatsächlich von beeindruckenden Dimensionen.

Vielleicht liegt hierin ja die Antwort auf meine „warum?“-Frage. Oder gar der eigentliche Anlaß für die beiden Mammutprojekte an sich.

Keine Angst vor Google Street View

Mit einer gewissen Hysterie begleiten Presse und Politik den für Ende 2010 geplanten Start von Google Street View.

Ich verstehe die Bedenken, die man bei maß- und skrupellosen Datenkraken wie Google oder Facebook dringend haben sollte. Aber die nun vorgebrachten Argumente verstehe ich nicht.

Street View ist eine Ansammlung öffentlich einsehbarer Straßenansichten. Jeder, der mit der Straßenbahn an meinem Haus vorbeifährt, sieht dasselbe. Es ist nichts geheimes dabei. Gut; über das Abgreifen schlecht geschützter WLANs bis hin zum Aufzeichnen von Passwörtern müssen wir nicht reden. Und auch daß Kameras über Zäune hinwegspähen, die extra als Sichtschutz aufgestellt wurden, geht einfach nicht. Aber an den meisten Häusern gibt es keine Zäune. Die Hausfassaden stehen im öffentlichen Raum, der für jeden zugänglich ist. Es gibt in vielen Städten (z.B. Wien) bereits heute Anbieter, die sehr ähnliche Produkte anbieten. Und was ist eigentlich mit den (wundervollen) 3-D-Modellen ganzer Städte, auch deutscher? Dazu habe ich nie irgendwelche Bedenken gehört.

Google Earth war 2005 der viel größere Sprung. Der Blick von oben in Nachbars Garten, den man sonst nie hatte. Die Bauverwaltungen weltweit freuten sich über die vielen frei Haus gelieferten Hinweise auf Schwarzbauten. Die Militärs weltweit ärgerten sich, daß die ganze Welt ihre „streng geheimen“ Militärbasen im Detail bestaunte. Das hochaufgelöste Luftbild war der Dammbruch in der Privatsphäre, nicht der Blick von der Straße. Den kann jeder mit seiner Privatkamera wiederholen. Aber ein Flugzeug haben die wenigsten von uns in der Garage stehen.

In manchen Städten sind die Luftbilder derart genau, daß man die Kinder im Sandkasten spielen sehen kann. Ja, im Privatgarten hinterm Eigenheim. Als hochpräzise Sommer-Luftbilder von Den Haag in Google Earth online gingen, gab es im Netz ganze Kollektionen von Punkten, wo Frauen -vermeintlich unbeobachtet- mit und ohne Bikini auf dem Balkon in der Sonne lagen. Sie waren geschützt vor den Blicken der Nachbarn, aber nicht vor denen der Welt. An den Berliner Badeseen, fotografiert im Sommer 2006, kann man den Nackerten perfekt auf den Bauch (und alles andere) blicken. Selbst auf den für Internetverhältnisse uralten Winterbildern von Frankfurt, aufgenommen Anfang 2002, kann man fast die Einkaufstüten der Menschen auf der Zeil erkennen.

Google Earth war der Dammbruch, der Blick in Nachbars (oder meinen) Garten. Kam ein Aufschrei? Wurden Privatgrundstücke zensiert? Wenigstens Kindergärten? Nein.

Jetzt, wo Bilddaten gesammelt werden, die ohnehin jeder sehen kann, ist angeblich die Privatsphäre in Gefahr. Das ist sie wirklich, seit längerem, aber nicht unbedingt wegen Street View.

Die Hysterie um dieses Produkt scheint mir eine Mischung aus der grundsätzlich immer schlimmer werdenen Aufgeregtheit der Sensations- und Skandalpresse (allen voran die sogenannte „Qualitätspresse“, denn den Boulevard interessiert das Thema nur am Rande) und den Aktivitäten von im Bereich Internet viertel- bis halbgebildeten Politikern der zweiten bis vierten Reihe, die auch endlich mal in der Zeitung stehen wollen, zu sein. Und alle machen mit, weil, ja weil alle anderen ja auch mitmachen. Wie bei jeder Massenhysterie.

Ich prophezeie, daß sich die Aufregung um Street View sehr schnell legen wird, wenn es erst einmal online ist, und vermutlich sogar der Begeisterung weichen wird.

Wenn Street View da ist, werden wir uns auch drüber freuen. Es ist, genau wie Google Earth, ein großartiges Spielzeug. Es macht mir jetzt schon Spaß, in der holländischen Stadt, in der ich mal ein Jahr gelebt habe, per Mausklick spazierenzugehen, und es wird uns auch in deutschen Städten großen Spaß machen. Für die Wohungssuche, für die Urlaubsvorbereitung, für die Stadt- und Verkehrsplanung, oder einfach aus Spaß und Neugier. Wie jede Erfindung kann und wird man auch diese für böse Zwecke mißbrauchen. Stalker, Einbrecher und Immobilienhaie werden dieses Werkzeug lieben. Aber dieses Dilemma gilt für alle Erfindungen menschlichen Geistes. Schon der Faustkeil damals in der Steinzeithöhle hat uns vor dem Verhungern bewahrt, weil wir damit im vegetationslosen Winter Tiere jagen und unsere Bäuche füllen konnten, aber er kostete auch vielen Menschen das Leben, gegen die dieses Werkzeug als Waffe mißbraucht wurde. Insgesamt haben die meisten Erfindungen aber mehr Vorteile als Nachteile, und so wird es auch hier sein.

Warten wir es einfach mal ab und probieren es aus, wenn es da ist. Ich sage voraus: es wird ein großer Spaß mit einem tollen Spielzeug.

Es wird neue Wüstungen geben

Auf faz.net erschien am 7.7.2010 ein verstörendes Interview mit Prof. Birgit Franz zur Entvölkerung der ländlichen Regionen Europas. Neben etwas hilflos wirkenden Vorschlägen zur Nutzung historischer Bauwerke in schrumpfenden Dörfern brachte sie eine erschreckende These, die ich bisher noch nie so deutlich ausgesprochen las:

„Da dürfen wir uns nicht in die Tasche lügen, es wird Verluste geben.
Es geht nicht um einzelne Häuser, sondern um ganze Ortschaften. Das kann man nicht beschließen, das wird passieren. Sogenannte Wüstungen hat es in der Vergangenheit schon gegeben, es wird sie wieder geben. So hart das ist.“

Und ich denke: sie hat recht.

Im Interview ging es unter anderem um die Nutzung alter Scheunen und Wohnhäuser. Die Wirklichkeit ist leider schon viel weiter. In Hunderten von Dörfern sind nicht nur Scheunen in Gefahr, sondern sogar das Herz des Ortes: die Dorfkirche. Denn auch sie hat, vor allem im religiös entwurzelten Ostdeutschland, keine Nutzung mehr.

Baudenkmale haben nicht nur eine wirtschaftliche Funktion, sondern auch eine, die in schrumpfenden Krisenregionen immer wichtiger wird: Identifikation.

Gegen das Schrumpftum an sich kann die Raumplanung nichts machen. Wir können kein Unternehmen zwingen, seine Fabrik in Pommern zu bauen statt in Stuttgart. Wir können in Pommern bessere Voraussetzungen für dieses Unternehmen schaffen, mehr nicht.

Aber das Schrumpftum muss gesteuert und geplant werden. Um den „Donut-Effekt“ zu verhindern. Dörfer oder auch kleine Städte, deren Mitte abstirbt und aufgegeben wird, und wo das Restleben nur in den Randbereichen weitergeht.

Die Randbereiche der Dörfer, nicht ihre Mitte, müssen der Natur zurückgegeben werden. Die leerstehende LPG oder die im Osten „Ausbau“ genannten Splittersiedlungen. Vielleicht auch manche der in die Jahre gekommenen „Neu“baugebiete der Nachkriegszeit.

Der Dorfkern mit Kirche, Anger, Teich, (ehemaligem) Schul- und Rathaus muß natürlich für moderne Menschen bewohnbar sein. Hier müssen Gesetzgeber und Planung dafür sorgen, daß das Überleben nicht von Bauvorschriften und Denkmalschutz erstickt wird.
Darüber hinaus muß er aber auch schon deswegen verteidigt werden, weil er das einzige bietet, was manche Dörfer noch haben: visuelle, räumliche Identifikation für seine Bewohner. Heimatgefühl. Eine individuelle Identität.

Genau das können die 60er-Jahre-Eigenheime am Ortsrand eben nicht bieten, sondern nur der historische Kern.

Die 30 Jahre alten Eigenheime sehen überall gleich aus. Sie könnten überall stehen. Der 300 (oder mehr) Jahre alte Dorfkern ist individuell. Eine „Persönlichkeit“.

Fällt er weg, gibt es für die Randbewohner auch keinen Grund mehr, warum ihr Haus in ebendiesem Dorf steht und nicht irgendwo woanders. Ein Dorf ohne Kern ist nur noch ein Wohngebiet, das man dann nun wirklich in eine wirtschaftlich besser gestellte Region umsiedeln kann.

Ein Dorf, das von innen nach außen stirbt statt andersherum, ist tatsächlich tot.

Stadtregion Frankfurt

Als erstes stelle ich einen Text hierhin, den ich bereits am am 21. Dezember 2000 auf meiner privaten Website veröffentlicht habe. Er ist also über neun Jahre alt, aber leider immer noch genauso aktuell.

Thema ist die blödsinnige Kleinstaaterei in der Stadtregion Frankfurt, die im geographischen Sinne eine einzige Stadt bildet, in administrativer Hinsicht aber leider aus über 40 selbständigen und miteinander eifersüchtig konkurrierenden Gemeinden besteht.

Viel Spaß beim Lesen; falls Sie dazu eine Meinung haben, würde ich mich freuen, sie zu erfahren.

Weiterlesen

Schon bald …

… wird hier was stehen. Ich spüre es. Halten Sie durch!

Ja, also …

…hier steht noch nichts. Aber schon bald. Demnächst. Irgendwann. Noch in diesem Jahrhundert. Ganz sicher. Versprochen!